DWJ 2016-08 - page 88

Kaum jemand, der heute Randfeuerpatronen auf der Jagd oder beim Schießsport benutzt, realisiert,
dass es sich hierbei um die älteste Metallpa­trone der Welt handelt, noch dazu mit dem ebenfalls ältes-
ten Anzündsystem. Der Franzose Flobert legte den Grundstein mit seiner Salonpistolenmunition.
Ursprung liegt
in Frankreich
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 DR. MANFRED ROSENBERGER
Keine andere Munition war jemals auf
dem Markt so erfolgreich, keine ande-
re wurde und wird weltweit je in der-
artigen großen Mengen produziert. Mit
mehr als anderthalb Jahrhunderten auf
dem Buckel wird die Randfeuerpatrone
auch heute faktisch ohne prinzipiel-
le Änderung hergestellt.
Dafür machte die Rand-
feuerpatrone
während
der letzten Jahre mit neu-
en, spektakulären Sorten
– vor allem im Kaliber .17" (4,3 cm) -
von sich reden.
Flobert entwickelt Munition für Sa-
lonpistolen.
Alles begann im Paris des
19. Jahrhunderts. Dort war es in vie-
len Bürgerhäusern üblich, dass sich
die Herren nach Tisch mit Zigarre und
Mokka in ihren Salon, das Herrenzim-
mer, zurückzogen und sich mit leichten
Pistolen im Schießen übten.
Der Büchsenmacher Louis Nicolas
Auguste Flobert spezialisierte sich auf
solche
„Salonpistolen“
und entwickelte hier-
für ungefähr 1835 eine
winzige Patrone, mit der
kein größerer Schaden
verursacht werden konnte. Zunächst
verwendete er ein gewöhnliches Per-
kussionszündhütchen, auf das er eine
kleine Bleikugel von 6 mm Durchmes-
ser setzte. Doch rutschte das randlose
Patrönchen häufig in den Lauf und zün-
dete nicht, weil ein Widerlager fehlte.
Also stauchte Flobert den Zündhüt-
chenboden, sodass ein überstehender
Hohlrand entstand, der sich gegen die
Laufwurzel stützen konnte. Der auch
hier gleichzeitig als Treibladung fun-
gierende Zündsatz wurde in üblicher
Weise durch den Hahn aktiviert. Am
23. Mai 1849 erhielt Flobert auf die in-
zwischen als „Flobert-Munition“ in die
Geschichte eingegangene Entwicklung
ein französisches Patent. Und das blieb
nicht ohne Folgen.
Auf der Londoner Weltausstellung
1851 ergab sich schließlich für Flobert
die Gelegenheit, seine Patrone und die
entsprechenden Zimmerpistolen einer
breiten Öffentlichkeit vorzustellen.
Flobert war damals völlig fixiert auf
seine Salonknaller und erkannte nicht
im Geringsten die epochale Bedeutung
seiner Patrone und ihres Zündsystems.
Weder kam ihm der Gedanke, die Hülse
zu verlängern und mit Pulver zu fül-
len, um die Effektivität seiner Patrone
zu vergrößern, noch hatte er Ambitio-
nen, eine Munition für den allgemeinen
Ursprünglich
für Salonpistolen
entwickelt
1 
Zeichnung einer .44 Henry Flat, eine ty-
pische großkalibrige Randfeuerpatrone.
2 
Der französische Ururenkel der Randfeu-
ermunition, die legendäre 6 mm Flobert.
3 
Die historischen winzigen Salonpistolen-
patronen von Louis Nicolas Auguste Flo-
bert von links: Kaliber 2, 5, 6 und 9 mm.
4 
Palette von Laborierungen historischer
Flobert-Patronen im Kaliber 6 mm ver-
schiedener Fabrikate mit unterschiedli-
chen Hülsenlängen und Geschossvarian-
ten sowie Schrotfüllungen.
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Frühe Patronenentwicklungen
Randfeuerpatronen
Das Magazin für Waffenbesitzer
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