einmalige Tatsache des Vergessens der
Waffe darauf hindeuten könne, dass
ein Waffenbesitzer mit einer gewissen
Wahrscheinlichkeit erneut nicht ord
nungsgemäß mit Waffen oder Muni
tion umgehen werde. Eine an Sicherheit
grenzende Wahrscheinlichkeit sei in
soweit nicht erforderlich.
Mit der Begründung, die bereits das
Bundesverwaltungsgericht im Jahre
1994 angegeben hatte, sei das mit jedem
Waffenbesitz verbundene Risiko nur
bei solchen Personen hinzunehmen,
die nach ihrem Verhalten Vertrauen
darin verdienen, dass sie
mit Waffen und Muni
tion jederzeit und in jeder
Hinsicht ordnungsgemäß
umzugehen wissen.
Dann aber holt das
Oberverwaltungsgericht
Hamburg weit aus, um die Auffas
sung des Klägers, sein Fehlverhalten
habe zu keiner konkret gefährlichen
Situation geführt, zu widerlegen. Es
nimmt an, dass unmittelbar die Gefahr
entstanden ist, dass ein zum Waffen
besitz Unberechtigter den Koffer an
sich nimmt und diese Gefahr nicht da
durch beseitigt wird, dass es sich um
einen umsichtigen und rechtstreuen
Finder handelt.
Ein weniger rechtstreuer Finder hät
te nach Ansicht des Oberverwaltungs
gerichts den Koffer in seinen privaten
Räumlichkeiten trotz der Verriegelung
durch das Zahlenschloss in aller Ruhe
geöffnet und sich Waffen und Munition
aneignen können, um diese entweder
selbst zu behalten (und gegebenenfalls
missbräuchlich zu verwenden) oder
sie rechtswidrig an andere Personen
zu veräußern.
Trotz der Angabe des Waffenbesit
zers, dass er bei der gefundenen Bock
doppelbüchse den Kippblock entfernt
habe, nimmt das Gericht an, dass ein
nicht rechtstreuer Finder sich selbst
auf dem schwarzen Markt ein solches
Teil verschaffen könnte.
Weiterhin hält es dem vergesslichen
Jäger vor, dass er auch nicht die zutref
fende Stelle über den Verlust des Waf
fenkoffers informiert habe, nämlich
seine Waffenbehörde.
Seine Vorsprache auf der Polizeiwa
che sei nicht ausreichend, weil nicht die
örtliche Polizeidienststelle, sondern
die Waffenbehörde die zuständige Be
hörde im Sinne des § 37 Absatz 2 Satz 1
WaffG sei, und die Polizeidienststelle
nicht verpflichtet sei, die zuständige
Waffenbehörde zu informieren (OVG
Hamburg, Beschluss vom 7. August 2015
- 5 Bs 135/15).
Verlieren als Überlassen.
Zurück zum
zuvor
beschriebenen
Ausgangsfall
des Verlierens der Waffen durch einen
Sportschützen. Hier kam eine ande
re Erlaubnisbehörde zu dem Schluss,
dass das Verlieren oder Vergessen einer
Waffe in einem verschlossenen Waf
fenkoffer nicht nur die Unzuverlässig
keit aufgrund der verwaltungsrechtli
chen Vorschriften und Verpflichtungen
des Waffengesetzes auslöse, sondern
sogar die Straftat des Überlassens
an einen Nichtberechtig
ten beinhalte. Wenn man
hierzu auf die Definition
des „Überlassens“ wie sie
sich im Waffengesetz und
auch in der allgemeinen
Verwaltungsvorschrift
zum Waffengesetz wiederfindet, zu
rückgreift, gilt folgender Tatbestand:
Ein Überlassen im waffenrecht
lichen Sinne liegt vor, wenn die tat
sächliche Gewalt einer anderen Person
eingeräumt wird. Es ist nicht Voraus
setzung, dass der Überlassende selbst
seine tatsächliche Gewalt vollständig
aufgibt. Ein Überlassen ist vielmehr
auch dann anzunehmen, wenn lediglich
einer weiteren Person die Ausübung der
tatsächlichen Gewalt ermöglicht wird
(zum Beispiel Begründung der gemein
schaftlichen Ausübung; Aushändigung
von Zweitschlüsseln). Im Gegensatz zu
dem Begriff des Erwerbens, der auch
eine einseitige Inbesitznahme beinhal
tet (zum Beispiel durch Fund), erfordert
der Begriff des „Überlassens“ einen
Vorgang, an dem notwendigerweise
zwei Personen beteiligt sein müssen,
ein Gebender (Überlasser) und ein Neh
mender (Erwerber).
Insofern sind die Ausführungen in
der zugrunde liegenden Bundestags
drucksache (VI/2678 Seite 26) nicht
zutreffend, da hier das Erwerben mit
dem Überlassen gleichgestellt wurde.
Geht man aber davon aus, dass unter
einem Überlassen jede mit der Über
tragung des unmittelbaren Besitzes
verbundene Einräumung der tatsäch
lichen Möglichkeit zu verstehen ist, ist
hieraus auch ein subjektives Element
zu entnehmen.
Soweit § 34 WaffG bestimmt, dass
Waffen oder Munition nur berechtig
ten Personen überlassen werden dür
fen und die Berechtigung nachgewie
sen sein muss, bedeutet dies auch, dass
eine subjektive Komponente mit zu be
rücksichtigen ist. Der Grund des Über
lassens von Waffen ist unerheblich.
Dahinter können verschiedene Rechts
gestaltungen stehen, wie zum Beispiel
Kauf, Tausch, Miete, Leihe, Schenkung,
Hingabe als Pfand und so weiter. Im
mer aber muss hier auch eine bewuss
te Übertragung vorliegen, was ja beim
Verlieren einer Waffe nicht gegeben
sein kann, sonst wäre ja sogar der wi
derrechtliche Fall der Wegnahme einer
Schusswaffe bei einem Einbruch oder
einem Überfall als Überlassen an den
Einbrecher zu werten!
Schon vor vielen Jahren hat der
Bundesgerichtshof entschieden, dass
das vorübergehende Ablegen einer Gas
pistole auf einer Kommode in Reich
weite eines anderen für sich allein noch
kein „Überlassen der Waffe“ an diesen
darstellt, damit das subjektive Element
betont. Begründet wurde dies damit,
dass auf den als tatsächliches Herr
schaftsverhältnis mit Herrschaftswil
len und Herrschaftswissen gekenn
zeichneten Begriff der tatsächlichen
Gewalt abgestellt wird.
Zudem kann ja ein solcher Vorgang
des Überlassens auch nur durch den
Überlasser (Waffenbesitzer) vorsätzlich
erfolgen, das heißt, er muss schließ
lich wissen, wem er die Waffe überlässt.
Ein fahrlässiges Überlassen sieht die
Strafvorschrift des § 52 Absatz 3 Num
mer 2 ff. WaffG nicht vor. Da jedoch bei
dem Verlieren einer Schusswaffe nicht
gleichzeitig auch die Intention des Waf
fenbesitzers enthalten ist, diese dem
Finder zu überlassen, ist eine Anklage
gerichtet auf das unerlaubte Überlas
sen einer Schusswaffe waffenrechtlich
nicht nur bedenklich, sondern sogar
contra legem.
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DWJ-Fazit
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Auch an den vorgenannten Beispielsfäl-
len sieht man wieder einmal, dass die
genaue Lektüre der waffenrechtlichen
Vorschriften erforderlich ist, um gege-
benenfalls einem Waffenbesitzer einen
strafrechtlichen Vorwurf zu machen,
der in der Folge zu seiner Unzuver-
lässigkeit führen und damit weiterhin
zum Verlust seiner waffenrechtlichen
Erlaubnisse, des Jagdscheins oder der
Sprengstofferlaubnis verwendet wer-
den kann. Die genaue Kenntnis dieser
waffenrechtlichen Vorschriften ist je-
doch auch bei den jeweils zuständigen
Gerichten nicht immer vorhanden, so-
dass es empfehlenswert ist, sich ent-
sprechend anwaltlich fachkundig ver-
treten zu lassen.
Schon ein
zufälliges Finden kann
ein Überlassen von
Waffen darstellen
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wissen
08/2016
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PREVIEW
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