DWJ 2016-08 - page 101

Während man bei Fabrikmunition
letztlich ein, zwei Handvoll verschie-
dener Patronen ausprobieren muss, bis
man die „passende“ Laborierung ge-
funden hat, ergibt sich bei der Eigen-
fertigung eine Vielzahl von Möglich-
keiten: Geschosse, Treibladungsmittel
(TLM) und Zündhütchen gibt es in gro-
ßer Vielfalt, die Pulvermenge kann (in
Grenzen) variiert werden.
Schließlich lassen sich diese Kombi-
nationsmöglichkeiten noch durch den
Einsatz selbst gegossener Geschosse
toppen, die in unterschiedlicher Form,
unter Einsatz verschiedener Legierun-
gen, Fetten und Kalibrierungen ver-
wendet werden können – insgesamt
also eine Sisyphos-Arbeit in unüber-
schaubarer Ausprägung.
Auf der anderen Seite kann aber auch
der Weg das Ziel sein: Das Ausprobieren
verschiedener Laborierungen, das Ein-
grenzen der Einflussfaktoren auf die
wesentlichen Größen, die Erfassung
der relevanten Messdaten und deren
Auswertung – dies alles kann allein
für sich eine befriedigende Freizeitbe-
schäftigung darstellen.
Am Beispiel der Laborierung von
Patronen im Kaliber .45 ACP soll dar-
gestellt werden, wie man sich diesem
Thema nähern kann.
Versuchsplanung.
Es geht somit da­rum,
herauszufinden, mit welchen Kompo-
nenten man eine Laborierung der .45
ACP mit möglichst geringem Streukreis
herstellen kann. Im Zusammenhang
mit der DSB-Disziplin 2.59 ist klar, dass
der vorgegebene Mindestimpuls von
300 eingehalten werden muss. Hierbei
ist zur Sicherheit Reserve einzuplanen,
weil letztlich ja jeder Einzelwert der in
die Berechnung eingehenden v
0
diese
Bedingung erfüllen muss. Diese Werte
variieren aber mehr oder weniger um
ihren Mittelwert. Vorgabe war, dass je-
der Einzelwert den Grenzwert erreicht.
So eine Versuchsreihe macht nur
Sinn, wenn reproduzierbare Bedin-
gungen vorliegen. Eine Vorausset-
zung hierfür ist, dass der menschliche
Einfluss bei der Schussabgabe elimi-
niert wird. Das setzt den Einsatz einer
Schießmaschine zwingend voraus, im
vorliegenden Fall wurde
eine „Ransom Rest“ ein-
gesetzt.
Schwerpunkt-
mäßig haben wir für den
Test selbst gegossene
Bleigeschosse verwendet.
In einem ersten Teil des Versuchs-
programms hat der Autor einen
3×3×3-Faktorenplan umgesetzt: Es
wurden dreimal drei Variablen jeweils
miteinander kombiniert – drei Ge-
schosstypen, drei Bleilegierungen und
drei Treibladungsmittel.
Zur Geschossherstellung wurden
drei verschiedene Kokillen verwendet:
zwei Semi-Wadcutter als Vertreter des
klassischen Scheibengeschosses, beide
mit einem Nominalgewicht von 200 gr:
Lyman 452460, ein SWC mit kurzem
Kopf und zwei Fettrillen sowie RCBS
45-201-SWC, ein an das klassische H&G
#68 erinnerndes SWC-Geschoss mit
langem Kopf und einer Fettrille.
Schließlich wurde als Pendant zum
„Standard-Hardball“ die RCBS-Ko-
kille 45-230-RN eingesetzt, welche
ein Rundkopfgeschoss mit einer Fett­
rille und einem Nominalgewicht von
230 gr erzeugt.
Geschossherstellung.
Gegossen haben
wir diese Geschosse mit Linotype (Bri-
nell-Härte etwa 22), einer Legierung #9
mit rund 5 % Antimon, 2 % Zinn, einem
Rest Blei (Brinell-Härte etwa 16) und ei-
ner Legierung „V+“ (Gemisch aus einem
Kurz- und Langwaffenkugelfang mit
0,5 % Zinnzusatz, Brinell-Härte etwa
12). Gegossen wurde mit einer Gießkelle
aus einem elektrisch beheizten, elek­
tronisch geregelten Schmelzofen LEE
Pro 4-20. Bereits während
des Gießens wurden Ge-
schosse mit erkennbaren
Defekten (Falten, Lunker,
unzulänglich scharf aus-
gebildeter Boden) aus-
sortiert und wieder eingeschmolzen.
Anschließend haben wir alle Geschosse
nochmals optisch überprüft und gewo-
gen. Für die vorliegenden Tests wurden
Gruppen gebildet, bei denen die Ge-
schosse nicht mehr als ± 0,2 gr vonei-
nander abweichen. Als Fett kam stan-
dardmäßig die „NRA-Mischung“ aus
50 % Alox 2138F und 50 % Bienenwachs
zum Einsatz, die Kalibrierung erfolgte
mit einer Matrize .452.
Als Treibladungsmittel verwendeten
wir drei relativ offensive Pulver: Alliant
Bullseye als „klassisches“ .45er-Pulver
für Scheibenladungen, Vihtavuori N310
als Vertreter der wohl am häufigsten
in Deutschland verwendeten Treibla-
dungsmittel und Lovex D032 als Ku-
gelpulver mit dem großen Vorteil der
leichten Dosierbarkeit.
Wenn man den Schießsport einigermaßen ernsthaft betreiben will, sollte man es nicht am Trainings­eifer
mangeln lassen. Intensive Trainingseinheiten kosten jedoch einiges an Munition. Um das Wiederladen
kommt der Schütze nicht herum. Optimale Laborierungen zu finden, steht dabei im Vordergrund.
Übung macht
den Meister
5
 DR. KARSTEN LEMPFER
Im Versuch jeweils
drei Variablen
kombiniert
101
08/2016
Wiederladen
Ladungsoptimierung .45 ACP
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KOSTENLOSES
PREVIEW
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