DWJ 2016-08 - page 10

Verschärft
So schnell kann es gehen: Haben wir in der vorigen Ausgabe des DWJ noch positive Tendenzen zur ge-
planten Verschärfung der EU-Feuerwaffenrichtlinie aus den Beratungen im LIBE-Ausschuss vermeldet,
stellt die folgende Stellungnahme des EU-Rates wieder einen Dämpfer für Legalwaffenbesitzer dar.
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 TIMO LECHNER M.A.
Es war wieder einmal eine Schreckens-
meldung für die Legalwaffenbesitzer
der europäischen Länder, die kurz nach
Drucklegung der Juliausgabe herein-
flatterte: Der Rat der europäischen In-
nen- und Justizminister hat am 8. Juni
dem restriktiven Vorschlag der EU-
Kommission zur Verschärfung des EU-
Waffenrechts weitgehend zugestimmt,
der nur fünf Tage nach dem Attentat
vom 13. November 2015 in Paris als
Maßnahme gegen den Terror präsen-
tiert wurde. Dieser Vorschlag wird bald
dem Parlament vorgelegt.
Während zahlreiche Tagesmedien
die Nachricht gleich als bereits so gut
wie abgeschlossene und entschiedene
Weichenstellung aus Brüssel in Rich-
tung eines restriktiveren Waffenrechts
interpretierten, lohnt es sich an dieser
Stelle, die Fakten und das noch anste-
hende Prozedere der Entscheidungs-
findung zu durchleuchten.
Minister zeigen sich restriktiv.
Wenn
es nach dem Willen des Ministerrates
geht, müssen Sportschützen ihre Ge-
nehmigung alle fünf Jahre erneuern
und dabei ärztliche und psychologi-
sche Gutachten vorlegen. „Besonders
gefährliche Waffen“ sollen für den
Schießsport verboten werden. Was al-
lerdings besonders gefährliche Waffen
sind, lässt der Rat offen.
Verboten werden sollen alle halbau-
tomatischen Langwaffen, die eine Ge-
samtlänge von unter 60 cm aufweisen
oder mithilfe eines „ohne Werkzeug
einklappbaren, einschiebbaren oder
abnehmbaren Schafts“ auf diese Größe
gekürzt werden können. Auf der Ver-
botsliste sind zudem alle halbautoma-
tischen Langwaffen, die abnehmbare
oder feste Magazine für mehr als zehn
Patronen aufnehmen können, bezie-
hungsweise besagte abnehmbare oder
fest stehende Magazine.
Zum Thema Halbautomaten heißt es
im abschließenden Dossier wörtlich:
„Einige halbautomatische Feuerwaffen
können leicht zu automatischen Feu-
erwaffen umgebaut werden, sodass sie
ein Sicherheitsrisiko darstellen. Auch
wenn kein solcher Umbau erfolgte,
können bestimmte halbautomatische
Feuerwaffen (...) ein sehr hohes Risi-
ko darstellen, wenn sie über eine hohe
Munitionskapazität verfügen. Des-
halb sollte eine zivile Verwendung von
halbautomatischen Feuerwaffen mit
fest montierter Ladevorrichtung, die
es ermöglicht, eine hohe Anzahl von
Schüssen abzufeuern, sowie von halb-
automatischen Feuerwaffen mit aus-
wechselbarer Ladevorrichtung mit ho-
her Munitionskapazität verboten sein.
Entsprechende Ladevor-
richtungen, wie zum Bei-
spiel fest montierte oder
auswechselbare Magazi-
ne sowie Munitionsgurte,
sollten ebenfalls verbo-
ten werden. Wird festgestellt, dass sich
Personen im Besitz einer solchen La-
devorrichtung befinden, so sollte die-
se, ebenso wie jede halbautomatische
Zentralfeuerwaffe, an die diese Lade-
vorrichtung montiert werden kann, be-
schlagnahmt werden, selbst wenn für
den Besitz dieser Feuerwaffe eine Ge-
nehmigung erteilt wurde. Diesen Per-
sonen sollte zudem die Genehmigung
entzogen werden.“
Des Weiteren sollen alle halbau-
tomatischen Faustfeuerwaffen, die
abnehmbare oder feste Magazine für
mehr als 20 Schuss aufnehmen können
(inklusive abnehmbarer oder fest ste-
hender Magazine), verboten werden.
Auch die Waffensammler nehmen
die Mitglieder des EU-Rates aufs Korn:
„Um zu verhindern, dass Waffen-
sammler (...) zu einer möglichen Quelle
des Handels mit Feuerwaffen werden,
sollten sie von dieser Richtlinie erfasst
werden. Die Mitgliedsstaaten können
Waffensammlern gestatten, Feuerwaf-
fen, ihre wesentlichen Bestandteile und
Munition nach Maßgabe der vorliegen-
den Richtlinie zu erwerben und zu be-
sitzen. In individuellen Sonderfällen
können die Mitgliedsstaaten Sammlern
die Genehmigung erteilen, unter Ein-
haltung strenger Sicherheitsvorschrif-
ten verbotene Feuerwaffen zu erwerben
und zu besitzen, wobei diese Genehmi-
gung regelmäßig überprüft wird.“
Bürokratie.
Bereits im Anschluss an
die Bekanntgabe der Vorschläge wurde
vielerorts eine gewünschte Registrie-
rungspflicht für Schreckschusswaffen
sowie deaktivierte Feuerwaffen heftig
kritisiert. Der bürokratische Ratten-
schwanz, den dies nach sich ziehen
würde, verschlingt ver-
hältnismäßig viele Steu-
ergelder. Das gilt nicht
zuletzt ebenso für die
bürokratische
Verwal-
tung einer Erweiterung
der gängigen WBK-Pflicht, welche auf
Vorderlader und Replikas, Magazine,
Schreckschusswaffen, deaktivierte De-
korationswaffen und in Österreich auf
Kipplaufflinten erweitert werden soll.
In zumindest dieser Beziehung zei-
gen sich die Räte „gnädig“: „Die Mit-
gliedsstaaten sollten die Möglichkeit
haben, den Erwerb und den Besitz ver-
botener Feuerwaffen zu genehmigen,
wenn dies zu Bildungszwecken, zu kul-
turellen Zwecken (einschließlich Film
und Theater), zu Forschungs- oder his-
torischen Zwecken erforderlich ist. Zu-
dem sollte es den Mitgliedsstaaten er-
laubt sein, Einzelpersonen zu Zwecken
der nationalen Verteidigung, beispiels-
weise im Zusammenhang mit einer
freiwilligen militärischen Ausbildung
nach dem Recht der Mitgliedsstaaten,
den Erwerb und den Besitz von verbo-
tenen Feuerwaffen und ihren wesent-
lichen Bestandteilen zu genehmigen.“
Einordnung.
„Der Rat ist einer der drei
Akteure Kommission, Rat und Parla-
Halbautomaten
sind nach wie vor im
Visier der Gegner
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Waffenrecht
Beunruhigendes aus Brüssel
Das Magazin für Waffenbesitzer
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