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Wissen

von Ralph Wilhelm

John Moses Browning und FN

Viele seine herausragenden Erfindungen machte Waffengenie John Moses Browning mit und für den belgischen Waffenhersteller FN. Ein kurzer historischer Überblick über eine lange und erfolgreiche Beziehung.

Das Schicksal birgt manchmal glückliche Zufälle, so wie es John Moses Browning und den FN-Verkaufsleiter Hart O. Berg zusammenbrachte.

John Moses (1855-1926) und sein Bruder Matthew Sandefur (1859-1923) waren die Söhne des Büchsenmachers Jonathan Browning, eines Mormonen. Letzterer kam in der Mitte des 19. Jahrhunderts nach Ogden, Utah, einer Stadt nördlich von Salt Lake City am Großen Salzsee.

Schon in jungen Jahren war John M. Browning erfinderisch und interessierte sich für die Herstellung von Schusswaffen. Bereits in den 1870er Jahren verkaufte er erste Patente an Winchester und Colt.

Um auf das Treffen zurückzukommen, es begann damit, dass der Vorstand von FN (damals offiziell Fabrique Nationale d’Armes de Guerre) im Jahr 1897 Hart O. Berg in die Vereinigten Staaten schickte. Sein Auftrag war es, Informationen über die neuesten amerikanischen Innovationen in der Fahrradherstellung zu sammeln. FN stellte neben Waffen auch Fahrräder und Autos her. Während dieser Reise lernte Hart O. Berg die Gebrüder Browning kennen. Wann und wo sie sich genau trafen ist nicht überliefert. Je nach Quelle trafen sie sich auf einer Cocktailparty, in einem Zug, in Hartford, wo Hart O. Berg ursprünglich herkam, es gibt viele Versionen der Geschichte.

Jedenfalls schlugen die beiden Büchsenmacher-Brüder FN eine Herstellungslizenz für eine Automatikpistole im Kaliber 7,65 mm (.32 ACP) vor, die John am 20. April desselben Jahres gerade hatte patentieren lassen. Hart O. Berg reichte das Projekt bei der Geschäftsleitung von FN ein. Brownings Prototyp wurde von Experten im Werk in Herstal und in Berlin, dem Sitz des Konzerns, dem FN damals gehörte, erfolgreich getestet. Die Waffe erwies sich als deutlich besser als die vergleichbaren Pistolen der damaligen Zeit. Die von Browning entworfene Waffe ist einfach, handlich und elegant, sie ist präzise und funktioniert zuverlässig. Außerdem war die Pistole kostengünstig herzustellen, die Kosten für die Einrichtung der Produktion wurden auf nur 12.000 belgische Francs geschätzt. Baron Charles del Marmol, CEO von FN, unterzeichnete den historischen Vertrag am 17. Juli. Dieses Ereignis kann heute als einer der großen Meilensteine in der Geschichte der FN gesehen werden.

So lief 1899 die erste "Browning", das berühmte Browning Modell 1900, bei FN vom Band. In der Tat wurde "Browning" zu einem gebräuchlichen Namen, einem Synonym für Pistolen schlechthin. Am 24. Mai 1907 räumte John Moses Browning während einer Reise nach Herstal der FN das Recht ein, seinen Namen für die Vermarktung seiner Schusswaffen zu verwenden. Dies ist ein Beleg für die enge Verbindung zwischen der Familie Browning und dem Hersteller im belgischen Herstal. Zu dieser Zeit brauchte man nur 30 belgische Francs um eine Browning zu erwerben. In den ersten sechs Jahren wurden 250.000 Pistolen produziert. Die Browning-Pistole wird zur Dienstwaffe der Gendarmerie, für Offiziere der Armee und der Nationalen Bürgergarde. 1906 kommt das Modell im Kaliber 6,35 mm (.25 ACP) auf den Markt, auch "Westentaschen-Browning" genannt. In den folgenden Jahren führte FN das Modell 1910 ein, im Kaliber 7,65 mm (.32 ACP) und 9 mm kurz (.380 ACP). Genau genommen handelte es sich um das ursprüngliche Modell 1900, das mit einigen Verbesserungen versehen wurde. Im Jahr 1922 wurde die Browning 1910 mit zwei Patronen mehr im Magazin und einem längeren Lauf gebaut. 1925 war die Geburtsstunde der "Baby". Sie ähnelt dem Modell 1906, ist aber 10 Millimeter kürzer und wiegt nur 250 Gramm statt 350 Gramm. 1934 brachte FN schließlich die beliebte HP, "High Power", auf den Markt, die für die leistungsstarke 9 mm Parabellum-Patrone entwickelt wurde. Die High Power war bei ihrer Einführung die mit Abstand modernste Pistole der Welt. Diverse ihrer Neuerungen sind bis heute an modernen Pistolen zu finden.

Die FN High Power Pistole

FN hat mit seinen "Brownings" stets großen Erfolg. Bis zum 15. Juli 1912 wurden 1.000.000 Pistolen der verschiedenen Modelle hergestellt. Dieses Ereignis wurde am 31. Januar 1914 mit großem Pomp gefeiert. In der Munitionsfertigung wurde ein großes Bankett veranstaltet. Im Rahmen dieser Feier wurde J.M. Browning mit dem Kreuz des "Chevalier de l'Ordre de Léopold" ausgezeichnet.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entwarf er eine Selbstladeflinte, die er vergeblich Remington und Winchester anbot. Nach diesen Ablehnungen beschloss er, nach Lüttich zu gehen, wo er an einem regnerischen Februarabend des Jahres 1902 ankam. In seinem Gepäck hatte er den Prototyp der Schrotflinte. Nach diesem ersten Aufenthalt in Lüttich wird er noch sechzig Mal den Atlantik überqueren, um FN zu besuchen, wo er am 26. November 1926 in seinem Büro starb.

Bei diesem ersten Besuch wird er von Henri Frenay, dem Geschäftsführer von FN, empfangen. Auch hier erweist sich die vom Erfinder vorgeschlagene Waffe mit ihrer komplexen und subtilen Konstruktion als weit überlegen gegenüber allem, was zu dieser Zeit verfügbar ist. Am 24. März 1902 unterzeichnet FN mit John M. Browning den gleichen Vertrag wie für die Pistole und erhält das Exklusivrecht für die Produktion und den Verkauf seiner einläufigen, halbautomatischen Schrotflinte mit fünf Schuss Magazinkapazität.

Dieser Vertrag wird am 8. Dezember 1903 um ein automatisches Gewehr erweitert. Insgesamt werden von 1903 bis 1999 vier Millionen Auto-5-Gewehre produziert.

Zehn Jahre später, am 4. Januar 1913, erteilt J.M. Browning der FN das Recht zur Herstellung seines Selbstladegewehrs im Kaliber .22.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Zusammenarbeit mit Browning es FN bis 1914 ermöglichte, eine dominante Position im Bereich der zivilen Feuerwaffen aufzubauen. Sie öffnete auch den internationalen Markt für Militärwaffen, der der FN aufgrund auferlegter Quoten für Gewehre des Typs Mauser bis dato verschlossen war.

1919 kehrte Browning, nach dem ersten Weltkrieg, zu FN zurück. Im Gepäck hatte er diverse neue Patente, die während des Krieges angemeldet wurden: das BAR (Browning Automatic Rifle) und das .50 Cal Maschinengewehr. Letztes gilt ohne jeden Zweifel als bestes schweres Maschinengewehr der Welt und ist bis heute bei sehr vielen Armeen weltweit, unteranderem bei der Bundeswehr, im Einsatz. J.M. Browning arbeitet noch an einer Bockflinte, als er 1926 plötzlich stirbt. Dieses Projekt wurde von seinem Sohn Val Allen zur B25 fertiggestellt.

Insgesamt meldet John M. Browning 128 Patente an, von denen sich auf 80 Waffen beziehen, sowohl militärische als auch sportliche. Er gilt damit zurecht als einer der größten Erfinder auf dem Gebiet der Schusswaffen.



Alle Bilder: Ars Mechanica Foundation

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