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Wie Nachtsicht- und Wärmezielgeräte funktionieren

Herkömmliche Nachtsichtgeräte benötigen entweder zumindest schwaches Umgebungslicht oder eine Aufhellung durch einen Infrarotstrahler, um ein Bild zu liefern. Wärmebildgeräten dagegen liefern auch in völliger Dunkelheit ein Bild. Die Technik ist natürlich auch in zieloptischen Geräten attraktiv. Und so funktioniert ein Wärmezielgerät.


Raketen, die ihr Ziel über die Verfolgung des „Wärmestrahles“ der aus den Düsen eines Flugzeuges ausgestoßenen heißen Abgasstrahles finden, sind schon lange Standardausrüstung beim Militär und längst auch Thema in Actionfilmen aus Hollywood. Die Wärmesensorik hat nicht nur beim Militär schon lange Einzug gehalten. Die von Objekten wie Personen oder warmen Motoren ausgesandte Wärmestrahlung wird „aufgefangen“, um diese Objekte aufzuspüren, zu identifizieren und aus den so gewonnenen Erkenntnissen militärisches Handeln abzuleiten.

Natur der Wärmestrahlung

Elektromagnetische Strahlung lässt sich durch ihren Energiegehalt charakterisieren. Mathematisch beschreiben lässt sich dieser Energiegehalt durch die Wellenlänge der jeweiligen Strahlung. Das menschliche Auge kann Wellenlänge von rund 400 bis 680 nm (0,4 µm bis 0,68 µm) wahrnehmen. Unterhalb von 400 nm folgt im Spektrum der Wellenlängen zunächst die unsichtbare Ultraviolett-Strahlung (UV), oberhalb von 680 nm die für das menschliche Auge ebenfalls unsichtbare Infrarot-Strahlung (IR).

Physiker unterteilen die IR-Strahlung in die drei Bereiche „nahe IR-Strahlung“, „mittlere IR-Strahlung“ und thermisches IR (Wärmestrahlung). Als nahes IR-Licht gilt Strahlung des Wellenlängenbereiches von rund 0,7 bis 1,3 µm (700 nm bis 1300 nm). Als mittleres IR-Licht gilt Strahlung von 1,3 µm bis 3 µm. Thermische Strahlung umfasst den Wellenlängenbereich von 3 µm bis über 30 µm.

Wesentlicher Unterschied zwischen thermischer IR-Strahlung (Wärmestrahlung) und der kürzerwelligen IR-Strahlung ist, dass es vom Objekt direkt emittiert wird, ohne dass dieses dazu angestrahlt werden muss, um die Strahlung zu reflektieren. Dem liegt die physikalische Realität zugrunde, dass jeder Körper mit einer Temperatur oberhalb des absoluten Nullpunktes (–273° C) elektromagnetische Strahlung emittiert. Die Strahlungsintensität des Körpers nimmt mit zunehmender Temperatur zu.

Wärmestrahlung und Atmosphäre

Elektromagnetische Strahlung erfährt beim Durchgang durch die Atmosphäre eine Abschwächung. Ursache dafür sind vor allem Absorptions- und Streuprozesse an Luftmolekülen und Aerosolen wie Staub, Dunst oder Rauch. Die auftretenden Streuverluste hängen von der Wellenlänge der thermischen Strahlung ab. Die Wellenlängenbereiche, in denen die Atmosphäre für die thermische Strahlung gut durchlässig ist, nennt der Fachmann „atmosphärische Fenster“. Das erste „Fenster“ liegt im Bereich des nahen IR bis zu einer Wellenlänge von 2,5 µm.

Die beiden anderen „Fenster“ liegen im Bereich des thermischen IR – das zweite zwischen 3 bis 5 µm, unterbrochen vom Absorptionsbereich des Kohlendioxid zwischen 4,2 und 4,4 µm. Das dritte „Fenster“ liegt zwischen 7,5 und 14 µm. „Fenster“ bedeutet mit anderen Worten, dass von einem Objekt emittierte Wärmestrahlung in den beiden letztgenannten Wellenlängenbereichen die Atmosphäre auch bei Nebel, Rauch und Staub in der Luft sehr gut durchdringt. Geräte, die die Wärmestrahlung von Objekten „sichtbar“ machen, reagieren auf Strahlung in den Wellenlängenbereichen des zweiten und dritten „atmosphärischen Fensters“. Grafisch dargestellt ist das auf der Seite links.

Wärmebildgeräte

Vereinfacht ausgedrückt besteht ein Wärmebildgerät zunächst aus speziellen Linsen zum Sammeln der thermischen IR-Strahlung. Allerdings handelt es sich bei den Linsenmaterialien nicht um Glas sondern um vollkommen andere Materialien. Diese müssen ja nicht für sichtbares Licht sondern für thermische Strahlung durchlässig sein.

Von den genannten Linsen gelangt die Strahlung auf sogenannte Detektoren, die ein sehr feines Muster der Temperaturverteilung der betrachteten Szenerie erstellen. Zur Wiederholung: Die Intensität der von Objekten ausgesandten Wärmestrahlung hängt von deren Temperatur ab.

Zur Erstellung dieses Temperaturverteilungsmusters, des sogenannten Thermogrammes, benötigt der Detektor nur den Bruchteil einer Sekunde. Das Thermogramm wird in elektrische Impulse übersetzt, die schließlich die Bildinformation ans Display übertragen.

Das Bild auf dem Display wird bei militärisch eingesetzten Geräten meist in Grautönen dargestellt. Umso dunkler die dargestellte Fläche, umso weniger Strahlung wird von diesem Objektbereich ausgesandt, umso kälter ist sie demzufolge. Die Bildinformation für den Beobachter entsteht also aus dem Temperaturvariationen der einzelnen Szenenbestandteile um dem den Temperaturmittelwert der Szene herum. Günstig für diese Technologie ist die Tatsache, dass die Intensitätsänderung der Strahlung bei Temperaturänderung (normale Umgebungstemperaturen) im Wellenlängenbereich zwischen 8 µm und 10 µm ein Maximum erreicht.

Detektoren und ihre Auflösung

Je nach eingesetzter Detektortechnologie unterscheidet man Geräte mit Quantendetektoren und thermischen Detektoren. Die höher empfindlichen Quantendetektoren benötigen zur Erreichung der besseren Temperaturauflösung eine Kühlung auf äußerst niedrige Temperaturen. Die notwendigen Kühlaggregate machen die Systeme aufwendig und sehr teuer. Allerdings haben gekühlte Geräte eine um den Faktor 5 bis 10 höhere Auflösung. Sie können Temperaturunterschiede von rund 20?1000 Grad sichtbar machen. Dagegen liegt die Auflösung bei ungekühlten Detektoren bei rund 0,15°-Schritten. Allerdings arbeiten diese Detektoren auch bei normaler Umgebungstemperatur zuverlässig.

Zielgeräte und Zielvorsätze

Die Wärmebildtechnologie lässt sich hervorragend zum Blick in die finsterste Nacht, durch Nebel, Regen, Staub oder Rauch einsetzen. Und nicht nur dazu: Selbst bestens getarnte Wärmequellen, sei es eine Person oder ein noch warmer Fahrzeugmotor, lassen sich leicht ausmachen, ihre Wärmestrahlung verrät sie dem Wärmebildgerät auf bis zu viele 100 m bis über 1 km. Der Vorteil für den, der die Technik einsetzt: Er muss keine Infrarot-Aufhellbeleuchtung einsetzen, durch die er seinerseits schon durch Nachtsichtgeräte des Gegners lokalisierbar wäre.

Im Unterschied zu Nachtsichtgeräten, deren Funktion auf der Verstärkung von vorhandenem Restlicht beruht, können Wärmebildgeräte auch bei völliger Dunkelheit eingesetzt werden und liefern Bilder – eben auf Basis der von Objekten ausgehenden Wärmestrahlung. Und Menschen und „betriebswarme“ Fahrzeuge heben sich sehr deutlich von ihrer Umgebung ab.

Abgesehen davon können sie auch bei hellem Tageslicht eingesetzt werden, ohne dass ihre Funktion leidet. Im Gegensatz dazu sind Nachtsichtgeräte sehr empfindlich, wenn sie bei zu hellen Lichtquellen eingesetzt werden – die Licht verstärkende Röhre kann leicht durchbrennen.

Gerade bei Gefechtsfeldszenarien, die sich bei Dämmerung, Nacht oder Nebel abspielen, ist Wärmebildtechnologie der Schlüssel zur Überlegenheit im Feuerkampf, da durch dieses Hilfsmittel ein witterungsunabhängiges Aufklären und Wirken möglich ist. Nicht umsonst ist die verstärkte Einbeziehung dieser Technologie auch wichtiger Bestandteil im Bundeswehrprojekt „Infanterist der Zukunft, erweitertes System“ (IdZ-ES). Es schließt sich an das moderne und sehr komplexe Ausrüstungsprogramm für die Infanteriegruppe und den einzelnen Soldaten „Infanterist der Zukunft“ an, das sich bereits bis jetzt im Rahmen der Auslandseinsätze der Bundeswehr bewährt.

Wichtige Bestandteile in diesem Programm sind das Wärmebildzielgerät (WBZG) und Wärmebildbeobachtungsgerät (WBBG). Das WBZG soll bis zu einer Entfernung von 1500 m die Ermittlung von Zieldaten (Entfernung und Winkel) ermöglichen, wobei eine Feuerleitsoftware für die Kaliber 12,7 mm×99, 5,56 mm×45, 25 mm×40 und 40 mm×46 zu integrieren ist. Während das WBZG mit gekühltem Infrarot-Sensor bis zu einer Entfernung von 1500 m für den Einsatz auf dem G82 A1 vorgesehen ist, handelt es sich beim WBBG um ein reines Beobachtungsgerät mit gekühltem WBG-Sensor und zusätzlichem Tagsichtkanal.

Bei der Wärmezieltechnik ist – ähnlich wie bei der Nachtzieltechnik – zwischen sogenannten Vorsatzgeräten und reinen Wärmebildzielfernrohren zu unterscheiden. Ein Vorsatzgerät wird – wie das auf dieser Seite unten abgebildete Gerät IRV 900 von Zeiss – vor ein normales Tageslichtzielfernrohr gesetzt. Der Schütze zielt durch sein gewohntes Zielfernrohr, als Zielbild hat er allerdings ein von der Wärmestrahlung des Objektes geschaffenes Bild. Das Gerät wird auf der Montageschiene vor das Zielfernrohr gesetzt und mittels eines Verbindungsstückes exakt vor dem Zielfernrohrobjektiv positioniert. Das Gerät arbeitet mit einem ungekühlten Detektor.

Ein Vertreter der reinen Wärmebildzielgeräte ist beispielsweise das Light Thermal Weapon sight (LTWS) des amerikanischen Herstellers Raytheon.

Eines der derzeit weltweit leistungsfähigsten Kompaktgeräte für Infanteriewaffen ist das Insight CQBS mit einem Sensor 320×240. Die Verkaufszahlen von über 5000 Stück sprechen dafür, und die meisten sind im Irak und Afghanistan seit über sechs Jahren im Kampfeinsatz. Es kann verwendet werden als eigenständiges Zielgerät oder als Vorsatzgerät in Kombination mit Tagoptiken wie zum Beispiel EoTech oder Aimpoint. Es kann mittels Picatinny-Montage auf jedes moderne Waffensystem befestigt werden.

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