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von Nataly Kemmelmeier

Gaston Glock ist tot
Gaston Glock wird als ein Unternehmer, der seit jeher das Rampenlicht der Öffentlichkeit meidet, und als der Macher des gigantischen Erfolges des Pistolenherstellers Glock in die Geschichte eingehen.
Als sich der junge Gaston Glock im Jahre 1963 selbstständig machte und seine ersten Einnahmen mit der Herstellung von Vorhangschienen- und Möbelbeschlagteilen aus Kunststoff erwirtschaftete, ahnte er noch nicht, dass er später einer der ganz Großen unter den Herstellern moderner Dienstpistolen sein würde. Schließlich hatte er sich bis dahin noch überhaupt nicht mit der Herstellung von Waffen befasst gehabt.
Bevor der Österreicher den Schritt in die Selbstständigkeit wagte, war er in seiner Freizeit schon intensiv seinem Hobby, der Herstellung von Kunststoffteilen, nachgegangen. Das Know-how der Kunststoffverarbeitung war also vorhanden, als der Jungunternehmer durch Bekannte mit dem österreichischen Bundesheer in Kontakt kam. Sein Spürsinn verriet ihm rasch die Bedürfnislücken, die er mit seiner Firma beim Militär befriedigen konnte. Bald lieferte er Maschinengewehrgurte, Trainings- und Splitterhandgranaten-Konstruktionen. Für das Design war Glock selbst zuständig, die Fertigung erfolgte mit den modernsten Methoden der Technik. So wurde der M-Gurt bereits damals in nur einem Arbeitsgang hergestellt.
Einer der ersten größeren Aufträge war dann in den 1970er-Jahren die Entwicklung und Herstellung des Feldmessers für das österreichische Bundesheer. Bereits damals zeigte sich deutlich die Unternehmensphilosophie von Gaston Glock: Jedes Produkt ist nach den Wünschen des Endkunden zu entwickeln, eine Entwicklung „ins Blaue hinein“ gab es bei ihm nicht.
Ende der 1970er-Jahre ließ Gaston Glock aufhorchen, als er sich für die Teilnahme am Wettstreit um eine neue Pistole für das österreichische Bundesheer entschied. Das Anforderungsprofil der Militärs damals: Die Pistole sollte leicht sein, über eine hohe Magazinkapazität verfügen, leicht zu warten, sicher und sehr einfach in der Handhabung sein. Zusätzlich holte Glock noch die Wünsche von Experten der Polizei an eine Dienstpistole ein und studierte eingehend die Produkte der Mitbewerber. Nach weniger als sechs Monaten stand bereits ein Prototyp für Armeetests zur Verfügung, der nicht zuletzt durch seinen immer gleichen Abzugswiderstand und sein neuartiges Sicherungssystem auffiel. Dieses Modell P80 etablierte sich auf Anhieb in der Spitzengruppe der Bewerber. Der Prototyp wurde weiter verbessert und 1982 erhielt Glock vom Bundesheer den Auftrag über die Lieferung von 25 000 Pistolen.
Von jetzt an ging es Schlag auf Schlag: 1984 entschied sich die norwegische Armee für die Einführung der Glock 17, das Modell erhielt eine NATO-Versorgungsnummer. Der Auftrag wurde zwischen den Jahren 1985 und 1991 abgewickelt.
Negative Meldungen schaden nicht. 1985 begann Glock gezielt mit dem Aufbau des Exports, nachdem bis dahin nur im Inland oder in wenigen umliegenden Ländern verkauft worden war. Ende 1985/Anfang 1986 entstand in Smyrna bei Atlanta eine US-Tochterfirma zunächst als Vertriebsunternehmen, dann auch zur kundengerechten Endmontage. Spätestens zu diesem Zeitpunkt musste sich das österreichische Unternehmen an die besonders harten Bandagen gewöhnen, mit denen schon einmal unter der Gürtellinie gekämpft wird. Kaum war nämlich Glocks Einstieg in den US-Markt bekannt geworden, kamen für Glock zunächst sehr negative Gerüchte in Umlauf: Die Pistole sei wegen ihres Griffstückes aus Kunststoff bei der Flughafenkontrolle nicht als solche im Röntgenbildschirm zu erkennen, hieß es. Presse und Fernsehen stürzten sich wie wild auf diese „Horrormeldung“. Dabei waren genau diese Befürchtungen im Rahmen von unabhängigen Tests in Österreich ausgeräumt worden. Die US-amerikanische Presse schrieb mehrheitlich unter Riesenschlagzeilen von der „Terrorpistole“.
Doch dann bekam die Negativpropaganda eine Werbewirkung, wie sie nur durch millionenschwere PR-Maßnahmen hätte erzielt werden können. Die amerikanische Flugsicherheitsbehörde erklärte nach eigenen Untersuchungen, dass die Waffen bei der Kontrolle als solche einwandfrei zu identifizieren seien - und der Name Glock war durch die hitzige Pressekampagne bestens bekannt.
Der Firmengründer selbst lebte eher zurückgezogen. Schlagzeilen machten 1999 ein Mordanschlag, den Gaston Glock in Luxemburg nur knapp überlebte, sowie 2011 die Scheidung von seiner ersten Ehefrau Helga inklusive Rosenkrieg. Nur einen Monat später gab er die Hochzeit mit der über 50 Jahre jüngeren Kathrin Tschikof bekannt, die dann im Unternehmen verschiedene Positionen innehatte. Gaston Glocks Vermögen wird auf derzeit etwa 1,5 Milliarden Euro geschätzt.