Sie sind hier:

Sammeln

von Nataly Kemmelmeier

Feinste Büchsenmacherkunst in der 89. Auktion

Am 28. Mai 2021 kommen bei Hermann Historica in München 1044 Schusswaffen aus fünf Jahrhunderten zum Aufruf.

Ein wunderbares Beispiel allerhöchster Kunstfertigkeit stellt ein bedeutendes Paar verbeinter Radschloss-Karabiner aus Teschen dar. Vergleichstücke im Metropolitan Museum in New York sind technisch zwar nahe, reichen aber an die Feinheit der Intarsien der hier vorliegenden Karabiner von 1640 nicht heran. Dessen Schaft ist mit Einlagen aus Bein und Perlmutt reicht verziert und zeigt nicht nur ornamentale Schnörkel und Ranken, sondern neben Wild- und Fabeltieren auch das Stadtwappen von Teschen. Der Lauf ist mit nicht minder kunstvollem Eisendekor versehen. Derartige, seit dem 16. Jahrhundert in Teschen äußerst luxuriös gefertigte Jagdgewehre wurden schnell zu Prestigeobjekten zur Demonstration von Status und Reichtum. Dieses großartige Paar kommt mit 65 000 Euro zum Aufruf. Nur unwesentlich später wurde in Schlesien ein ebenso bedeutsames Paar reich verbeinter Steinschlosspistolen gefertigt und, dem Geschmack der Zeit um 1680 entsprechend, mit Blüten, Tieren, Groteskenköpfen und Musikern verziert und großzügig mit Feuervergoldung versehen. 32 000 Euro müssen für dieses exquisite Paar aufgebracht werden.

Sehr schön ist auch eine Luxus-Renaissance Radschlossbüchse mit wunderbaren zarten Verzierungen, wie einem ganzflächig fein gravierten und ziselierten Dekor auf original gebläutem Grund, mit Darstellung von Jupiter in einem von Löwen gezogenem Wagen, umgeben von Tieren und Groteskenköpfen. Mit durchbrochen gearbeitetem, vergoldeten Hahn und großzügiger Vergoldung kommt die Büchse mit 28 000 Euro zum Aufruf. Eine sehr frühe deutsche Lunten-/Radschlossmuskete von 1570 begeistert mit originalem Zustand und muss ob ihrer Seltenheit schon mit 25 000 Euro beboten werden.

Auch unter den modernen Systemen begeistern wieder Raritäten, die selten bis einzigartig sind und kaum oder nicht am Markt vorkommen. Ein für die Geschichte der Waffenentwicklung sensationelles Stück ist eine Schönberger-Laumann Mod. 1894-II, ein Exemplar der weltweit ersten Selbstladepistole. Genau diese Pistole wird im anerkannten Standardwerk „Vom Ursprung der Selbstladepistole“ von Joschi Schuy ausführlichen beschrieben und bebildert. Nur sechs Exemplare dieser Rarität sind weltweit bekannt. Ein Rarissimum ersten Grades, was auch Niederschlag in der Taxe von 18 000 Euro findet.

Nicht wesentlich häufiger erhalten ist der vollautomatische Maschinenkarabiner MKb 42(H) von Haenel im Kaliber 7,92 x 33 kurz, Seriennummer 9492, der auf 15 000 Euro taxiert wurde. Von dieser nach 1938 von Hugo Schmeisser, Haenels Chefkonstrukteur, völlig neu entwickelten Waffe wurden gemeinsam mit der auf Blechprägetechnik spezialisierten Fa. Merz in Frankfurt nur etwa 12 000 Stück produziert. Doch der Maschinenkarabiner kam über einen Truppenversuch nicht hinaus und wurde zu Gunsten der bereits entwickelten MP 43/44 und des K 43 nicht weiter gebaut. Interessenten mögen unbedingt ihre nationalen Waffengesetze betreffend Vollautomaten beachten.

Hinter Los 2469 verbirgt sich das wohl einzige jemals gefertigte Exemplar einer kaum bekannten Waffe, der halbautomatischen Mauser-Pistole Modell 27 mit der Seriennummer 1 im Kaliber 6,35 mm Browning. Die Waffe wurde 1970 den Mauserwerken vorgelegt. Der damalige Direktor des Unternehmens, Herr Vorgrimmler, bestätigte die Authentizität dieses einzigartigen Stückes und lieferte Hintergrunddetails, die dem Käufer der Waffe, für die Gebote ab 15 000 Euro gefordert sind, mitgeliefert werden.

1883 entwickelte die Königlich-Preußische Gewehrfabrik in Erfurt den Nachfolger des archaischen, zu schwer geratenen Reichsrevolvers M 79. Als Modell 1883 wurde dem Kriegsministerium das hier angebotene Stück, das über keinerlei Markierungen oder Beschriftung verfügt, vorgelegt. Es kann mit einem Rufpreis von 4900 Euro eine neue Sammlung bereichern.

In der 89. Auktion der Hermann Historica GmbH kommt eine reiche Auswahl von 3303 Sammlungsstücken aus allen Bereichen des Hauses, von der Antike über mittelalterliche Rüstungen und Waffen, Kunst und Kunsthandwerk, Asiatika, Belege militärhistorischer Karrieren und Kostbarkeiten aus herrschenden Häusern bis hin zu antiken Schusswaffen vom 26. bis 28. Mai sowie am 1. und 2. Juni in Grasbrunn bei München zum Aufruf. Alle angebotenen Lose können im Rahmen der Vorbesichtigung vom 19. bis 22. Mai und am 29. und 31. Mai begutachtet werden.

www.hermann-historica.com

Zurück