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von Standardredakteur

Waffengegner starten Internet-Petition gegen Frankonia-Filiale in Freiburg im Breisgau

Waffengegner und Friedensaktivisten setzen sich seit langem gegen den weltweiten Waffenhandel ein. Vor allem die Hersteller von militärisch genutzten Waffensystemen jeglicher Art sind Ihnen ein Dorn im Auge. Jetzt entdecken sie auch den nationalen Waffenhandel als Betätigungsfeld, um die Welt zu verbessern: In Freiburg im Breisgau will eine Initiative die Ansiedlung einer Filiale des Jagd- und Schützenausstatters Frankonia verhindern.

Es ist ein Großprojekt für die 230 000 Einwohner zählende Metropole am Oberrhein: Die sogenannten Westarkaden an der Berliner Allee haben eine lange Vorgeschichte, Geschäftsraum, Büros und Wohnungen entstehen auf einem seit über 20 Jahren brach liegenden Gelände. Eine Freiburger Projektentwicklungsfirma hat nach einigen Jahren der Vorarbeit jetzt das Vorhaben nahezu fertiggestellt – und hat als einen wichtigen Partner Frankonia mit im Boot. Der in Würzburg ansässige führende Ausstatter für Jagd und Sportschießen (22 Filialen in Deutschland), eine Tochter des OTTO-Konzerns, will in den Westarkaden im Frühjahr auf 500 Quadratmetern Verkaufsfläche eine neue Filiale eröffnen, inklusive eines 100 Meter langen unterirdischen Schießstandes, auf dem Kundenwaffen test- und eingeschossen werden können. Für das Großunternehmen gelten der Breisgau und der Schwarzwald als interessanter Markt.


Es regt sich Widerstand. Nicht in der Freiburger Politik, die sich für die Westarkaden ausgesprochen hat, sondern auf Seiten von Pazifisten und Waffengegnern. Das Freiburger Friedensforum hat die Ansiedlungspläne von Frankonia auf
seine Agenda gesetzt: „Wir sind entschieden gegen einen Schießstand innerhalb eines Wohn- und Geschäftskomplexes, weil die Vergangenheit leider eindeutig gezeigt hat, dass von einigen unverantwortlichen Waffenbesitzern eine tödliche Gefahr für Mitmenschen ausgeht. Diese Gefahr wird durch einen innerstädtischen Schießstand sicher erhöht.“ So heißt es im Text einer Petition, die am 17. Dezember vergangenen Jahres auf der Internet-Plattform www.openpetition.de
eingestellt wurde und noch bis 16. Juni dieses Jahres läuft. Verbunden damit ist die rhetorische Frage: „Stimmen Sie mit uns überein, dass der Anblick und das Zur-Schau-Stellen von Waffen negative Auswirkungen auf Kinder, Jugendliche und auch Erwachsene haben kann?“ Wer dies so sehe, möge die Petition unterzeichnen, die nach Ablauf an Freiburgs
Oberbürgermeister Dr. Dieter Salomon übergeben werden soll.


Nun ist das Freiburger Friedensforum nicht irgendwer: Die – zwar lokal angesiedelte – Initiative ist gut vernetzt mit zahlreichen anderen regionalen und bundesweiten Gruppierungen aus dem Spektrum der Friedensarbeit, unter anderem mit dem ebenfalls in Freiburg ansässigen RüstungsInformations-Büro (RIB), das sich gegen den internationalen Waffenhandel und Geschäfte mit Rüstungsgütern einsetzt. Eng verbunden mit dem RIB ist Jürgen Grässlin, unter anderem Träger des Aachener Friedenspreises, der auf seiner Homepage gleich mehrere Medien zitiert, die ihn als
„Deutschlands wohl bekanntesten Rüstungsgegner“ bezeichnen – klar, dass Grässlin zu den Unterzeichnern der Petition gegen die Frankonia-Filiale gehört.


Von jenen gibt es allerdings noch nicht allzu viele: 106 mit Stichtag 23. Januar. Wer sich die Mühe macht, auf der Plattform die Kommentare und Debatten aufzurufen, stellt fest, dass einige Befürworter der Petition die üblichen Klischees „herunterbeten“: „auf keinen Fall wollen wir amerikanische (Waffen) - Verhältnisse in Freiburg“, „Wie sich in letzter Zeit leider immer häufiger zeigt, ist der Privatbesitz von Waffen sehr gefährlich. Ein Waffengeschäft mit unterirdischer Schiessanlage sind stark anzuzweifeln, definitiv gehören sie aber nicht in ein Wohngebiet.“


Dafür nutzen etliche Gegner der Gegner die Debattenfunktion. „Können Sie eine belastbare Quelle benennen, die das erhöhte Gefahrenpotential eines innerstädtischen Schießstandes seriös ausweist?“ „Da wird wild irgend eine fiktive Gefahr heraufbeschworen, die gar nicht da ist. Der Schiesstand ist unterirdisch. Waffengeschäfte sind besonders gesichert.“ Insgesamt betrachtet fanden sich am Stichtag 23. Januar 12 Pro Argumente in der Debatte (also für die Petenten), aber 43 Contra-Argumente.


Seitens des Adressaten der Petition, Freiburgs Oberbürgermeister Dr. Dieter Salomon hieß es auf Nachfrage von dessen Sprecher Walter Preker: Kein Kommentar, dies sei ein privates Bauvorhaben und somit Sache des Bauherrn, sich darüber zu äußern, wen er in das Objekt hole. Kein Wunder, dass man im Rathaus dazu lieber schweigt, denn Salomon war einst erster grüner OB einer bundesdeutsche Großstadt – und lobte im Dezember 2007 das Projekt als „Quantensprung für den Freiburger Westen“. Bei der Projektentwicklungsfirma Unmüssig sieht man keinen Anlass zur Aufregung. Die Argumentation der Petenten sei abstrus, so Unternehmenssprecherin Christel Kotter, „aber schräge Leute gibt’s überall.“ Frankonia trage einen guten Namen und sei als Mieter in dem Komplex willkommen, außerdem seien zum Betrieb der Filiale und des Schießstands alle erforderlichen Genehmigungen vorhanden.

Auch bei Frankonia am Firmensitz in Würzburg herrscht Gelassenheit, auch wenn es heißt, die Vorwürfe seien nicht haltbar. „Das öffentliche Zurschaustellen von Waffen wird nicht erfolgen“ – es sei klare Geschäftspolitik, scharfe Waffen
in Schaufenstern nicht zu zeigen. Außerdem werde in der Petition nicht erwähnt, „dass der im Untergeschoss befindliche Schießstand nur intern genutzt wird. Er dient in erster Linie den Büchsenmachern zum Einschießen von Jagd- und Sportgewehren. Interessierte Kunden können den Stand nur in Begleitung des Büchsenmachers oder eines
Fachverkäufers und in Ausnahmefällen betreten.“ Nicht zuletzt investiere man am Standort Freiburg über 100.000 € in modernste Sicherheitstechnik.


Beim Landesjagdverband Baden-Württemberg ist der Widerstand gegen die Filialansiedlung bereits bekannt. „Wir haben in Deutschland das schärfste Waffengesetz weltweit, und das ist in den letzten Jahren noch zwei Mal verschärft worden“, betont Pressesprecher Ulrich Baade, „das sollte doch wohl reichen.“

Allein mit dem Protest gegen die Frankonia-Filiale geben sich die Initiatoren der Petition nicht zufrieden: Sie bauen ein Schreckensszenario auf, nach dem sich in Freiburg Waffenfetischisten nach Lust und Laune ausrüsten könnten. Unter einem Link, der zum EWB-pflichtigen Waffenangebot des Ausstatters führt, heißt es auf der Homepage der Friedensinitiative: „Wir machen darauf aufmerksam, dass Waffen unter der Hand illegal weiterverkauft werden an
Menschen, die für den Besitz keine Erlaubnis haben.“ Diese Anschuldigung weist man beim künftigen Filialbetreiber deutlich von sich: „Frankonia in Zusammenhang mit illegalem Waffenhandel zu erwähnen, ist absurd. Das Gegenteil
ist richtig: Durch qualifiziertes Verkaufspersonal und strenge sicherheitstechnische Überwachungen wird sichergestellt, dass der Verkauf in legalen und gesicherten Bahnen erfolgt.“

Von Ulrich Pfaff

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