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Kurznachrichten

von Franz Keck

Dirty Harry wird 50

Man glaubt es kaum, aber am 22. Dezember 2021 ist es so weit: Vor genau 50 Jahren, einem halben Jahrhundert, wurde "Dirty Harry" im Market Street Cinema der Loews Theatres in San Francisco uraufgeführt. Daher an dieser Stelle eine Hommage an den Kult-Klassiker aus den 1970ern.

Für die einen, etwa Star-Rezessentin Pauline Kael, war Dirty Harry ein "faschistischer, mittelalterlicher und zutiefst unmoralischer" Film, bei anderen traf der von Clint Eastwood gespielte sarkastische Antiheld Harold "Dirty Harry" Callahan offenbar einen Nerv. Diese zweite Gruppe scheint die bedeutend größere gewesen zu sein. Denn der Charakter des Harry Callahan, einem handfesten, zynischen und auf Gerechtigkeit, weniger das Gesetz, bedachten Inspektor des San Francisco Police Departments, fand offenbar großen Anklang im von Verbrechen gebeutelten Amerika der 1970er, wie der Erfolg des Don Siegel-Films beweist: Dirty Harry spielte bei seiner Veröffentlichung etwa 36 Millionen US-Dollar ein, was ihn zum Film mit den vierthöchsten Einspielzahlen des Jahres 1971 macht.

Der Film beginnt damit, dass eine Frau beim Schwimmen aus großer Distanz erschossen wird. Am Tatort wird eine Botschaft des Täters, einem "Scorpio" genannten Psychopathen, gefunden, in der er androht, weitere Menschen zu Töten, wenn die Stadt San Francisco ihm nicht 100 000 $ zahlt. Auf den Fall angesetzt werden Inspector Harold "Dirty Harry" Callahan und sein ihm gegen seinen Willen zugeteilter Partner Inspektor Chico Gonzales. Gleich zu beginn bekommt der Zuschauer auch einen Vorgeschmack auf Callahans Arbeitsweise: beim Mittagessen wird er zufällig Zeuge eines Banküberfalls, wobei er mehrere der Räuber erschießt und den letzten noch lebenden mit der Waffe in Schach hält. Anders als die meisten amerikanischen Polizisten damals führt Callahan keinen .357 Magnum-Revolver, sondern einen in .44 Magnum, zum Zeitpunkt des Drehs der stärksten serienmäßig produzierten Kurzwaffenpatrone. Dieser Smith & Wesson M29 mit 6?1/2"-Lauf entwickelte sich zu Dirty Harrys Markenzeichen.

Nachdem es ihm mit der Zahlung nicht schnell genug geht, entführt Scorpio ein Mädchen und verdoppelt das Lösegeld. Nun durchkämmen Callahan und sein Partner auf der suche nach Scorpio die Stadt. Doch dieser lässt ebenso nicht locker und mordet weiter. Ein Wettlauf auf Leben und Tod, in dessen Zuge Callahan übel zugerichtet wird, seinerseits aber auch diverse Gesetze bricht, Gonzales angeschossen wird und, achtung Spoiler, Callahan am Ende Scorpio zur Strecke btringt.

Wie so oft gibt es auch zu Dirty Harry interessante Hintergrundgeschichten:

Aus der Retroperspektive erscheint die Besetzung der Rolle des Harry Callahan mit Clint Eastwood, zuvor primär als Spaghettiwesternheld bekannt, als No-Brainer. Ursprünglich jedoch war Frank Sinatra für diese Rolle vorgesehen, der allerdings aufgrund einer Handverletzung ausfiel. Eastwood bekam die Rolle erst, nachdem noch weitere Schauspieler, etwa Steve McQueen, der die Rolle als zu politisch konservativ für sich fand, absagten. Eastwood gelang mit Dirty Harry der Durchbruch zum Superstar.

Andy Robinson, der Darsteller des Killers Scorpio, wurde von Clint Eastwood für die Rolle vorgeschlagen und spielt sie hervorragend, hatte aber beim Dreh als überzeugter Pazifist und Gewalt jeder Art verabscheuende Mensch ernste Probleme bei der Schulbus-Szene, wo er gewalttätig und beleidigend gegenüber Kindern werden musste, und bei der überzeugenden Handhabung von Schusswaffen, da er vor diesen allgemein Angst hatte.

Das Drehbuch wurde zu großen Teilen, ob wohl er nicht offiziell genannt wird, von John Milius geschrieben. Der Weggefährte Francis Ford Coppolas und George Lucas ist einer der politisch konservativsten Filmemacher des neuen Hollywoods, ein Jahrzehnt nach Dirty Harry sorgte er mit "Die Rote Flut" für Aufsehen. Auch an "Apocalypse now" war er beteiligt.

Von NRA-Mitglied Milius stammt auch die Idee, Callahan mit einem M29 auszustatten. Ursprünglich sah er eine Version mit Elfenbeingriffschalen und 4"-Lauf vor, doch diese war nicht verfügbar, weshalb es dann die mit Holzgriffschalen und 6 1/2"-Lauf wurde. Beeindruckenderweise belegte dieser 2008 bei einer Zuschauerbefragung nach den Lieblingsfilmwaffen des Puplikums durch 20th Century Fox auch so lange nach den Dirty-Harry-Filmen Platz 2, lediglich geschlagen von Luke Skywalkers Laserschwert aus George Lucas Star Wars-Filmen.

Wer ein Faible für klassische Filme und Dirty Harry tatsächlich noch nicht gesehen hat, sollte dies dringend nachholen! Wem Teil 1 gefällt, sollte sich auch die vier Fortsetzungen anschauen. Diese können zwar den Standard des ersten Teils nicht ganz halten, sind aber dennoch sehr gut gemacht.

Alle fünf Teile sind auch als Stream, etwa via Amazon, erhältlich.

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