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Kurznachrichten

von Nataly Kemmelmeier

G36 trifft nicht - oder doch?

Vieles wurde über das Sturmgewehr G36 der Bundeswehr bereits geschrieben und berichtet. Die „Braut“ des deutschen Soldaten war in der Vergangenheit nach einer Laboruntersuchung arg in Verruf geraten. Nun gibt es neue Erkenntnisse.

Die Treffleistung des Heckler & Koch-Gewehrs, die im Dauerfeuer-Modus angeblich durch eine zu starke Streuung beeinträchtigt wird, führt nun zur Ausmusterung von insgesamt 167 000 Waffen ab dem Jahr 2019.

Eine Prüfkommission stellte nun ihren Abschlussbericht vor, dessen Ergebnisse die Diskussion um die Tauglichkeit der Waffe wieder entfachen dürften. Die Befragung von 200 Bundeswehr-Soldaten, die an Auslandseinsätzen beteiligt waren, äußerten sich durchaus positiv und zufrieden über das Sturmgewehr. Von einem „Pannengewehr“ könne keine Rede sein, Präzisionsmängel stellen die Einsatzkräfte nicht fest. Auch sei es zu keinen durch Waffendefekte verursachte Gefährdungen von Personen gekommen.

Für die breite Öffentlichkeit wohl etwas überraschend, gingen die Soldaten sogar noch einen Schritt weiter und lobten das G36 als verlässlich, nutzerfreundlich, leicht und wenig störanfällig. Diese Erkenntnisse wollte die amtierende Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen nicht sofort kommentieren. Sie möchte zunächst in Ruhe analysieren und dann die entsprechenden Konsequenzen ziehen. Was dies nun konkret in der Praxis zu bedeuten hat, bleibt schleierhaft. Fakt ist jedoch, dass eine weitere Kommission in der Causa G36 gravierende Mängel in den Organisationsstrukturen der Bundeswehr festgestellt hat. Mehrere Führungskräfte seien ihrer Verantwortung nicht gerecht geworden.

Seit dem Bekanntwerden der angeblichen Mängel im Jahr 2010 - spätestens 2012 wusste auch der damalige Verteidigungsminister Thomas de Maizière Bescheid - beschäftigten sich insgesamt vier vom Ministerium eingesetze Kommissionen mit dem Problemfall G36.

Gutachten um Gutachten gaben alle Beteiligten in Auftrag. Sowohl das Bundesverteidigungs-Ministerium als auch die in der Kritik stehenden Waffenhersteller aus Oberndorf am Neckar suchten ihr Heil in der öffentlichen Kritik am jeweils anderen. Auf einen gemeinsamen Nenner ist man jedoch bis heute nicht gekommen.

H&K betonte bis zuletzt, das G36 entspräche den von Verteidigungsminsterium und Bundeswehr geforderten Einsatzstandards. Berlin hingegen verwies auf konkrete Gefahrensituationen, die im Afghanistan-Einsatz durch die Unzuverlässigkeit des warmgeschossenen G36 entstanden seien.

Wahrscheinlich ist, dass das G36 nach dem langen Hin und Her kein Comeback in den Reihen der Bundeswehr feiern dürfte, auch weil die Folgeaufträge für die Neubeschaffung von Waffen schon vergeben wurden. Heckler & Koch kommt die positive Nachricht hinsichtlich des arg gescholtenen Sturmgewehrs jedenfalls nicht ungelegen. Dass damit der Fall G36 endgültig zu den Akten gelegt werden kann, bleibt allerdings zu bezweifeln.

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